TRAGEERSCHÖPFUNG ODER EINFACH NUR TRAGESCHWÄCHE?

Trageerschöpfung – das Wort und alle seine einhergehenden Symptome – sind seit dem Buch „Illusion Pferdeosteopathie“, in dem Tanja Richter es 2011 beschrieben hat, inzwischen bekannt geworden. Viele Pferdebesitzer haben inzwischen davon gehört und viele sprechen davon. Doch was heißt das eigentlich? Und ist wirklich jedes Pferd trageerschöpft oder vielleicht auch einfach nur schwach in der Muskulatur?

Eine Erschöpfung impliziert ja, dass der Körper einmal oder mehrfach über die Leistungsgrenze heraus gefordert wurde und nun erschöpft ist. Diesem Zustand ist in der Regel immer eine starke Belastung vorausgegangen, die der Körper nicht leisten konnte.

Erschöpfung kann ein Zustand sein, der unmittelbar nach einem Training besteht und durch ausreichende Regenerationszeit wieder in den Normalzustand findet. Es kann aber auch ein Zustand sein, der über einen längeren Zeitraum besteht, der dann irgendwann chronisch wird und in einem Teufelskreis endet. Es ist nur schwer, diesen Zustand zu verlassen, wenn die Ursache für die chronische Erschöpfung nicht gefunden wird und Ruhe-/Regenerationszeit nicht gewährt werden.

Die gute Nachricht: Erschöpfung ist keine Sackgasse.

Die Trageerschöpfung beim Pferd beschreibt den chronischen Zustand des abgesackten Brustkorbes zwischen den Schultern. Ein trageerschöpftes Pferd ist nicht in den Lage den Reiter zu tragen. Es wird zwangsläufig Folgeschäden erleiden.

Abgesackter Brustkorb? Um dies zu verstehen, hilft ein kleiner Ausflug in die Anatomie. Bei uns Menschen übernehmen die Schlüsselbeine zusammen mit der Muskulatur des Brust- und Schultergürtels die Verbindung vom Brustbein und den Rippen zu den Schulterblättern und den Schultergelenken. Das Pferd, hat allerdings keine Schlüsselbeine. Somit ist ausschließlich die Muskulatur, die sogenannte thorakale Muskelschlinge, dafür zuständig den Brustkorb und die Schultern miteinander zu verbinden und beweglich zu halten. Es gibt also keine Knochen oder Gelenke, die dafür sorgen würden, dass der Brustkorb zwischen den Schultern gehalten wird und das Schulterblatt auf dem Brustkorb bewegt wird. Die thorakale Muskelschlinge besteht aus der Brustmuskulatur (Mm. Pectoralia), den Rautenmuskeln (Mm. Rhomboidei), den Trapezmuskeln (Mm. Trapezii) und den Rumpfträgern (Mm. Serratii). Die thorakale Muskelschlinge hat nicht nur die Aufgabe den Schultergürtel und den Brustkorb miteinander zu verbinden. Die Hauptfunktion für ein Reitpferd liegt in der Bewegung, denn sie funktionieren als Stoßdämpfer für die untere Halswirbelsäule und die Vordergliedmaßen.

Als Mensch können wir sehr gut nachvollziehen, dass Muskulatur je nach Trainingszustand früher oder später Schwäche zeigt und ermüdet.

Erst wenn die Muskulatur über kurz oder lang ermüdet, verspannt sie und kann nicht mehr als Stoßdämpfer funktionieren. Sie kommt also in eine Kompensation.

Man spricht also von einem Pferd mit Trageerschöpfung, wenn dieses den Brustkorb und Reiter (dieser sitzt auf dem vorderen Rippenbogen/Brustkorb) nicht mehr über die Muskulatur abgefedert bekommt. In vielen Fällen ist die Muskulatur jedoch gar nicht erschöpft, sondern schlichtweg zu schwach. 

Erkennen wir Anzeichen einer Trageerschöpfung bei unserem Pferd, sollten wir uns also fragen wieso das Pferd „sich hängen lässt“ und ob unser Training darauf abzielt, die sogenannte Thorakale Muskelschlinge, also die Muskulatur, die den Brustkorb zwischen den Vorderbeinen hält und bewegt, zu kräftigen. Einer der wichtigsten Paramenter dafür ist eine übergeordnete Ursache für die Erschöpfung auszuschalten. Was das bedeutet erläutere ich später. Die größten Bausteine auf dem Weg raus aus einer Trageschwäche sind Zeit und ein systematisch aufgebautes Training (mit Trainingsplan) unter Einhaltung der unterschiedlichen Regenerationszeiten der einzelnen Gewebearte.

Unter Berücksichtigung dieser gibt es sehr sehr gute Chancen, einen Weg aus der Trageerschöpfung zu finden.

Reel erschöpft sind übrigens nur wenige meiner Kundenpferde. Reel schwach in der Muskulatur und damit anfällig für eine Erschöpfung hingegen ein zu großer Teil in meinem Kundenkreis. Wenn du dich nun fragst, ob dein Pferd in einer TrageSCHWÄCHE ist und wie du einen Weg daraus findest, dann kontaktiere mich. 

Übergeordnete Ursachen

Übergeordnete Ursachen einer Trageerschöpfung sorgen dafür, dass das Pferd den Weg aus der Trageschwäche nur schwer oder gar nicht finden kann. Sollte einer der folgenden Punkte auf dich und dein Pferd zutreffen, versuche bitte umgehend eine Lösung zu finden, damit dein Pferd nicht mehr leiden muss und ihr gemeinsam Spaß miteinander haben könnt.

  •  unpassendes Equipment (Satteldruck, Trensendruck, unpassendes Gebiss, Gurt, etc.)
  • Stress (in der Haltung, Fütterung, Herde oder durch Hormone)
  • Lungenprobleme (equines Asthma oder Allergie? Beides schränkt die Belastbarkeit und Training ggf. ein und muss berücksichtigt und gemanagt werden)
  • chronische und/oder unerkannte Schmerzen

unerkannte Lahmheiten

Magenschmerzen

Darmprobleme

Kopfschmerzen

Herzprobleme

Lungenprobleme

Rückenschmerzen

Solltest du das Gefühl haben, dass du trotz aller Mühe im Training nicht voran kommst, dann stelle es bitte dem Tierarzt deines Vertrauens oder einem spezialisierten Tierarzt vor um unerkannte Schmerzen auszuschließen oder eine chronische Krankheit therapeutisch/medizinisch zu begleiten.

Gutes Training und Management kann erst greifen, wenn die Faktoren Schmerz und Stress ausgeschlossen wurden!

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